Das 24. Bundesweite Vernetzungstreffen der Ökumenischen Friedensgebetsgruppen fand in diesem Jahr vom 29. August bis 1. September in Erfurt statt. Es nahmen rund 60 „Friedensbeter“ aus Friedensgebetsgruppen in Aachen, Bebra, Bad Nauheim, Bühl, Ochsenfurt, Cottbus, Detmold, Leipzig, Dresden, Erfurt , Herrenberg, Herolsberg, Ulm, Kiel, Leipzig, Lemgo, Nürnberg, Mühlheim (Baden), Ottensoos, Oberhausen, Tuttlingen , Unterförding b. München und Würzburg teil.
Die Tagung stand unter dem Thema: „Die Ökumenischen Versammlungen in der DDR – Rückblick und Herausforderung heute.“
Die Teilnehmer*innen trafen sich zu Beginn zum Friedensgebet, das in Erfurt jeden Donnerstag in der Lorenzkirche um 17:00 Uhr stattfindet. Am Abend trafen wir uns dann wieder in den Raumen der Offenen Arbeit. Dieter Oberländer als geborener Erfurter erzählte aus seinem Leben in Erfurt: Wie er als Kind das Ende des Krieges erlebte und so zum Pazifisten wurde. Aber auch, wie das Leben in der DDR sich gestaltete.
Am Freitag konnte jede/r die Stadt erkunden, auf eigene Faust oder mit einer Stadtführung der Erfurt-Information. Barbara und Matthias Sengewald boten außerdem eine Stadtführung an unter dem Thema „Orte der Friedlichen Revolution – von den Friedensgebeten bis zur Stasibesetzung“. Dabei wurde deutlich, dass sich der Widerstand gegen die Repressionen des DDR – Regimes in den geschützten Räumen der Kirchen von den frühen 1980er Jahren an entwickeln konnte. So waren die regelmäßigen Donnerstag – Friedensgebete in Erfurt schließlich der Ausgangspunkt der friedlichen Demonstrationen im Herbst 1989 mit dem Slogan „Keine Gewalt!“
Um 12:00 Uhr am Freitag wurde – wie jeden Freitag in regelmäßiger weltweiter Verbundenheit – im Augustinerkloster das Versöhnungsgebet von Coventry gebetet.
Am Abend begrüßte Oberbürgermeister Andreas Bausewein die Teilnehmer*innen. Danach berichteten sie über ihre vielfältigen Friedensinitiativen, so z.B. über die Initiative Seenotrettung für Flüchtlinge; die Organisation „Omas gegen Rechts“; „Interreligiöser Dialog und gemeinsame Friedensgebete“; usw.
Am Samstag begrüßte uns der Dechant der katholischen Gemeinden Marcellus Klaus mit einer Andacht. Zum Thema der Tagung „Der Konziliare Prozess zu Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“. hielt die Historikerin Dr. habil. Katharina Kunter einen Vortrag, in dem sie die Geschichte und die Wirkung insbesondere der Ökumenischen Versammlung in der DDR darstellte:
In der Vorbereitung der ersten Ökumenischen Versammlung in Dresden im Februar 1988 seien 10.000 Zuschriften ausgewertet worden. Daraus haben sich 12 Themen ergeben, die in Arbeitsgruppen und bei den Vollversammlungen 1988 in Dresden, Erfurt und wieder Dresden 1989 ausformuliert und von allen 19 beteiligten Kichren angenommen wurden. Besonders umstritten war des Tehma „Mehr Gerechtigkeit in der DDR“ in all seinen Facetten. In weiteren Arbeitsgruppen seien die Themen Frieden, Umweltverschmutzung und Schutz der Natur bearbeitet worden. Diese Schwerpunkte stehen bis heute im Mittelpunkt aller Ökumenischen Versammlungen und haben nichts an Aktualität verloren. Die Ergebnisse führten nach Aussage von Dr. Kunter zu Freiräumen des Denkens in den Vor-Ort-Gruppen und damit zu einem stärkeren Einfluss auf die Kirchenleitungen. Sie waren auch Anstoß dafür, dass die Kirchen sich als Teil der Zivilgesellschaft verstehen und Position beziehen.
Am Nachmittag standen zwei weitere Führungen auf dem Programm: mit Pfr. Dr. Aribert Rothe „Auf den Spuren von Meister Eckhart“ zur Predigerkirche und die Besichtigung des Augustinerklosters. Anschließend fanden interessante Diskussionen mit christlichen Politikern statt: Dr. Kaus Zeh von der CDU, Dr. Holger Poppenhäger von der SPD und Astrid Rothe-Beinlich von B90/Grüne aus Thüringen.
Nach der Diskussion über das am Tag gehörte betete mit uns der katholische Bischof Dr. Ulrich Neymeyr den Abendsegen.
Die Tagung endete am Sonntag mit einem Ökumenischen Abendmahlsgottesdienst in der Thomaskirche. Pfr. Dr. Aribert Rothe predigte über den Text aus dem Epheserbrief (2,14): „Denn er ist unser Friede, der aus beiden eines gemacht und den Zaun abgebrochen hat, der dazwischen war, nämlich die Feindschaft“. Dieser Text war Thema bei der Martinsfeier 1989 in Erfurt.
In der Verabschiedungsrunde zeigten sich die Teilnehmer*innen begeistert und dankbar für ein inhalts – und lehrreiches Wochenende.
(Matthias Sengewald, unter Verwendung eines Textes von Roswitha und Jochen Hoerth | Altschweier/ Bühlertal. Zum vergrößern der Bilder auf das Bild klicken.)